Sie sind ja überall mehr oder weniger geliebt oder verhasst. Venedig sperrt die Tore zu und in Salzburg fängt das Jammern an. Irgendwie schon eigenartig, da sind die Reiseweltmeister quer durch die Weltgeschichte unterwegs. SalzburgerInnen überfallen Rovinj bei jedem langem Wochenende, überrennen Jesolo im Frühjahr und sind sonst auch nicht schüchtern andere Länder, Städte und Strände zu besuchen. Doch kaum machen das andere bei uns, da ist es ja so was von zum Kotzen. Das große Wehklagen über die Touristen, hat schon einen ganz besonderen Geist in sich.
Erinnert mich irgendwie an die Bauernaufstände?!
Im Moment gehen hier in Salzburg die Wogen hoch. Da wird gejammert und geschimpft, gerade das nicht Heugabel und Dreschflegel rausgeholt werden. Aber die ersten Schilder „No tourist bus“ wurden schon aufgehängt. Ja was soll denn das? Sind denn hier alle wieder in das vor-vorige-Jahrhundert zurückgefallen? Da frage ich mich wirklich was da los ist. Wenn ich mir das alles so anhöre glaubst du die Errzkonservativen sind alle wieder auferstanden.
Da wird geschimpft, dass wir SalzburgerInnen ja gar keinen Platz mehr in der Stadt haben!
Die Touristen verstopfen alles!
Wir können ja nicht mal mehr mit dem Auto irgendwohin fahren!
Der Verkehr bricht zusammen!
Und erst wenn es regnet, da werden alle wieder in die Stadt strömen und es geht gar nichts mehr!
Es ist ja wirklich wahr, wir müssen schauen das wir die lästigen Gfrasster wieder aus der Stadt bringen. Verbannt sie! Einreiseverbote müssen her!
Bitte, bitte kommt nicht mehr wieder!
Am besten überweist ihr nur die Kohle und bleibt daheim!
Es ist glaube ich vielen in unserer Stadt nicht klar wie die Welt funktioniert, oder? Da wird das ganze Jahr lamentiert, dass in der Altstadt eh keine Geschäfte für die SalzburgerInnen sind und alles so teuer ist. Und wenn Geschäfte dann irgendwelche Modeläden oder Touristenfallen. Und ab Ende Mai wollen die Salzburger die Stadt für sich und alle Touris sollen verschwinden. Weil man kann ja nirgends hin. Finde ich nett diese Sicht der Dinge, denn wenn ich im November durch die Stadt spaziere, da ist „tote Hose“, nichts zu sehen, fast keine Menschen, leere Geschäfte, keine Gäste in den Cafés. Da fallen dir dann Bücher von Lenz, Hesse oder Haas ein und hast das Gefühl die stehen gleich hinterm Eck und beobachten die Szenen.
Jetzt macht mal alle brav die Augen ganz weit auf und vielleicht klappt es sogar ein wenig zu sehen. Von was leben wir hier in Salzburg? Industrie, Neue Medien, Neue Technologien, Ausbildungswesen, Medizin, …? Nein wirklich nicht! Bei uns sind halt wichtige Arbeitgeber in den Branchen Tourismus und Kunst/Kultur angesiedelt. Ja klar haben wir ein paar innovative Topkonzerne hier… Kräne, Energy Drinks, und so. Aber die paar können auch nicht ganz Salzburg retten. Es bleiben eben die Touristen und die Festspiele. Also sollten wir auch schauen, dass hier das Geschäft klappt. Oder etwa nicht.
So typisch Salzburg!
Mal jammern und sich beschweren. Aber eine Lösung suchen ist nicht so ganz drinnen. Wir hätten ja gerne die Touristen. Wir sind auch gerne eine der schönsten Städte und Reiseziele. Unser Aushängeschild den Wolferl Mozart vermarkten wir auch gerne. Aber wenn das dann alles funktioniert und die BesucherInnen nur so in die Stadt strömen, dann es ist uns aber auch wieder nicht recht.
Ich finde diese Diskussion so abgehoben, und dieses Mal wirklich zum Kotzen. Die Politik versäumt seit Jahrzehnten eine ordentliche (ich meine wirklich mit Hand und Fuß und Konzept) Verkehrspolitik zu machen. Die lieben PolitikerInnen sitzen lieber auf Ibiza herum und versuchen Unternehmen zu verschachern, als ein weiteres wirtschaftliches Standbein in einer Stadt wie Salzburg zu fördern. Und dann funktioniert das wirklich einzige was Salzburg bieten kann und alle beschweren sich.
Schaut mal ein wenig über den Tellerrand raus! Von was wollt ihr alle leben, wenn wir all die Touristen rauswerfen?
Die lassen ja eh kein Geld da!
Aber ich denke am Ende bleiben die Touristen von selber weg. Denn wenn wir weiter so „gastfreundlich“ sind muss auch keiner mehr kommen. (Bin ich froh, dass ich bis jetzt überall freundlich empfangen wurde und auf keiner Reise so abgelehnt wurde.) Und wenn wir die Touristen ausnehmen wie die Weihnachtsgänse, dann kommen sie auch nicht mehr. Ich kaufe mir mitten neben einer Touristenfalle in Paris eine Flasche Wasser um gerade mal 1,–, mitten in Japan, an den schlimmsten Touristenplätzen zahle ich gerade mal 70 Cent, in London auf dem Tower Hill zahle ich etwa 1,25 Euro. Und in Salzburg? Da zahle ich locker flockig 2,– mitten in der Stadt. Darum ist das Argument die lassen kein Geld da vielleicht ein wenig überzogen.
Bei den Preisen überlegt jeder ob er/sie schnell mal was einkauft. Also als Digitaler Nomade kenne ich verlorene Nester in der Welt aber auch die großen und oft auch touristischen Städte. Nur solche Preise wie ich sie in meiner Heimatstadt erlebe, finde ich selten wo anders wieder. Und liebe Jammerer denkt auch mal nach wie ihr selber seid… Wenn ihr eine Städtereise macht, dann sitzt euch das Geld so locker? Oder kauft ihr auch außerhalb der Stadt billig ein und dann lasst ihr nur den Müll zurück? Was? Habe ich euch erwischt? Und warum sollte es hier in Salzburg anders sein.
Schon im Grundkurs zur Wirtschaft, lernt man das Spiel von Angebot und Nachfrage. Und auch das Spiel mit dem Preis, oft verdient man mehr wenn der Preis niedriger ist, denn dann wird mehr verkauft und am Ende des Tages ist die Kasse voll und der Gewinn höher. Oder wir setzen den Preis halt sehr hoch an und verknappen damit das Gut „Erlebnis Salzburg“. Wird es halt ein Luxusgut. Nur wie viele SalzburgerInnen können wir mit dieser verknappten Ware, dem Erlebnis, eine Arbeit geben?
angelique
13. Juli 2019 um 12:22Ich finde diese Diskussion auch sehr merkwürdig. Kenne die Situation an einem anderen Ort. Verschlafen und mehr oder weniger brach liegend machten die Touristiker Werbung. Dann kommen die Besucher bringen mehr oder weniger Geld mit (ist auch eine Frage des Angebots) entstehen Arbeitsplätze und der Ort lebt auf. Dann die bösen Stimmen und Absperrungen. Ich frage mich dann, was will man eigentlich. lg angelique