Darf man heute noch ein Krampus oder Percht sein?
Gedanken

Darf man heute noch ein Krampus oder Percht sein?

Für die meisten ist die Frage sicher nicht provokant, oder etwa doch? Es gibt ja gleich mehrere Aspekte, welche in dieser Frage enthalten sind. Da haben wir alles darin verpackt was die Gesellschaft und die Menschen hier bei uns im Voralpenland (und auch Innergebirg) so richtig bewegt. Und jetzt schaue ich mal, welche Reaktionen ich darauf bekomme. Prinzipiell rechne ich eigentlich mit dem Schlimmsten. Aber vorab: JA DARF MAN!

Nur so zum Erwähnen:
Die „Darf man…“-Serie stammt eigentlich vom Blog Gefährlich ehrlich? Der provokante Ü30-Blog und der zahlt sich immer aus zum Reinlesen.

Was denken viele über die Krampusse?

Krampus wartet vor dem Lauf auf seinen Auftritt
Krampus wartet vor dem Lauf auf seinen Auftritt

Welche Aspekte ich gemeint habe? Ich springe mal los und schaue welche Fettnäpfchen ich so richtig gut treffe. Für viele ist ein Krampus ein prügelnder und besoffener Idiot. Für andere ist er ein ewig gestriger, konservativer Hinterwäldler. Dann gibt es noch die Burschen, die eh nur über die Mädchen herfallen wollen. Und vergessen wir ja nicht, dass ein Krampus nur die aufgestauten Aggressionen, anonym und versteckt hinter einer Maske abbaut. Ein Teil denkt auch, dass Krampusse eh die perfekten Brauchtumsdeppen sind, welche für den Tourismus und den Konsumwahn eingespannt werden können.

Ja so ist es?
Nein so ist es nicht!

Krampus oder Percht?

Ach ist doch egal, es interessiert so oder so keinen was der Unterschied ist. Es sind irgendwelche Männer die sich hinter Masken verstecken!
So ganz stimmt das aber nicht, denn hinter den Masken ist ein nicht geringer Anteil an Frauen versteckt. So gesehen sind viele Krampus-/Perchten- und Brauchtumsvereine (eigentlich alle die ich kenne) offener als manche andere Organisation. Denn wer sich an die Regeln hält, ist dabei und da wird nicht auf das Geschlecht geschaut. Der furchterregende Krampus ist in Wirklichkeit ein junge Frau von vielleicht 20 Jahren. Die böse Hexe, ein Mann mit 40 Jahren und der glückbringende Percht ein junger Bursch mit 18 Jahren.

Der Tod - Eine Brauchtumsfigur der Perchtenzeit
Der Tod – Eine Brauchtumsfigur der Perchtenzeit. Er ist der Tod des Winters und die Hoffnung auf den Frühling.

Egal! Mit der Maske schlüpft man in eine Rolle.

Genau, man wird zum Schauspieler, zur Schauspielerin und schlüpft in die passende Rolle. Diese Rolle hat man sich selbst ausgesucht und auch überlegt wie sie am besten dargestellt wird. Man wird zum Krampus, den strafenden Gesellen des Nikolaus, oder zum Percht, dem glückbringenden Vertreiber der Wintergeister. Oder zum Wurzenmandl, dem Tod, der Hexe oder einer anderen klassischen Perchtenfigur. Man füllt diese Rolle aus und „arbeitet“ mit dem Publikum.
Wer verwendet denn heute noch Ruten, Kuhschwänze oder Peitschen zum Zuschlagen? Eigentlich keiner mehr! Denn der Krampus nimmt einen Rossschweif und verwendet diesen strafend. Ja man spürt schon, wenn er trifft, aber nach ein paar Minuten ist es vorbei, das leichte Brennen. Und bei einer dickeren Hose spürt man eigentlich nichts mehr. Ja das gehört halt dazu beim Brauchtum: Der strafende Schlag. Aber dabei bleibt es und wer als Krampus etwas auf sich hält, sucht sich Jugendliche und junge Erwachsene bei den Zuschauern. Kinder, Kranke und Gebrechliche sind einfach Tabu!
Der Percht dagegen der bringt Glück und er streicht mit seinem Rossschweif über sein Gegenüber. Das soll (Kinder)glück und Segen bringen. Und die anderen Figuren die vertreiben die bösen Geister der dunklen Jahreszeit. Die schlagen so oder so nicht!

Es geht also um den Spaß. Den Spaß ein altes Brauchtum zu bewahren; Den Spaß Menschen eine Freude zu machen, ihnen dieses leichte Gruseln zu geben, sie zu necken und zu ärgern. Und es geht um die Gemeinschaft in der Brauchtumsgruppe, etwas gemeinsam zu unternehmen und auch die Kids an das Brauchtum heranzuführen. Die Kinder eben auch eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung zu geben.

Brauchtum oder Agression?

„…Mittlerweile kommt es aber zu Ausartungen in der Darstellung des Bösen“, so Psychologin Ursula Wisiak im STANDARD-Interview: „Bei den modernen Krampusläufen geht es den Darstellern zum Teil um das Ausleben von Aggressionen…
aus Der Standard
derstandard.at/2000067700135/Perchten-Lebendiges-Brauchtum-oder-Aggression-im-Schutz-der-Maske

Bei fast allen Veranstaltungen laufen die Maskierten in einem abgesperrten Bereich
Bei fast allen Veranstaltungen laufen die Maskierten in einem abgesperrten Bereich

Ja ganz vorsichtig formuliert „…das Ausleben von Aggressionen…„, das wollen die Maskierten. So sehen es die meisten und wiederholen diese Ansicht gebetsmühlenartig. Ich habe das anders erlebt!
Es wird mit dem Publikum „gearbeitet“, es wird versucht, dieses wohlige Gruseln mit dem Erschrecken zu erzeugen. Es wird geärgert und gelacht, weggelaufen und verfolgt. Es werden Hauben vertauscht und die Haare zerstrubbelt. Die Kinder überwinden ihre Angst und werden von den haarigen Gesellen umarmt und noch das letzte Beweisfoto über den eigenen Mut geschossen. Der Tod schleicht sich von hinten an und erschreckt mit kalter Hand. Die Hexe verscheucht die bösen Geister mit ihrem Besen und streicht den Menschen über die Füße. Und am Ende haben alle ein Ereignis erlebt, dass Spaß machte und das auch die Gemeinschaft und das Brauchtum fördert ohne jede hässliche Aggression.

Klar manchmal wird ein Event schon für den Tourismus eingespannt. Aber auch die Gruppen müssen ein wenig wirtschaftlich denken, denn so ganz ohne sind die Kosten auch nicht. So eine Ausrüstung kostet ein paar tausend Euro und dann fährt man auch noch zu den Veranstaltungen und der Nikolaus braucht auch ein paar Gaben zum Verteilen. Das meiste zahlen die Mitglieder selber, dass ist bei einem Hobby oder beim Brauchtum einfach so, aber ein paar Einnahmen schaden auch nicht um die finanzielle Last ein wenig abzufedern.

Krampus bei einer Veranstaltung in einem Gebäude
Krampus bei einer Veranstaltung in einem Gebäude

Ja früher war alles besser! Stimmt nicht, es war aber anders!

Früher (ich rede von Jahrzehnten), da war ein Krampuslauf, ein Krampuskränzchen schon etwas schmerzhafter (ich sage es wieder sehr vorsichtig: rauer). Da waren es noch echte Ruten oder auch nasse Weidenäste die der Krampus mit hatte. Und die waren nicht nur zum herzeigen da. Klar haben wir uns damals anders angezogen und uns auch besser geschützt. Wir wussten ja, ein Schlag mit der Rute ist schmerzhaft und hinterlässt Spuren für ein paar Tage.
Aber, dass wir damals jemanden angezeigt hätten? Keine Idee! Wir wussten was auf uns zu kam. Heute hat sich eben das Empfinden des Publikums verändert und darauf nehmen die Maskierten auch Rücksicht.

Die besoffenen Idioten kommen!

Früher hat man den Kindern vielleicht mit „Dann holt dich der Krampus!“ gedroht und heute vielleicht mit „Dann kotzt dir der besoffene Krampus in die Jausenbox!

Er würde all die finsteren Gesellen vor dem Umzug in der Klagenfurter Messehalle zusammenziehen. „Wir haben sechs Alkohol-Schnelltester erworben und werden die zotteligen Gesellen blasen lassen. Wer alkoholisiert ist, fliegt raus, darf nicht am Umzug teilnehmen“, kündigt Pickl-Hafner an.
aus Kurier
kurier.at/chronik/oesterreich/der-krampus-muss-zum-alko-vortest/298.889.202

Klar gibt es schwarze Schafe! Gewaltbereite, betrunkene, verkleidete Wahnsinnige (Und genau so meine ich es!). Aber alle in einen Topf zu werfen ist auch nicht das Gelbe vom Ei. Klar wird es immer wieder Gruppen geben, welche sich vor dem Lauf betrinken. Aber die hören schnell auf, denn die verantwortungsvollen Passen, nehmen sich diese rein verbal zur Brust. Denn Alkohol und Brauchtum vertragen sich schon, aber eben nicht vor und bei einem Lauf. Danach könnenschon mal ein oder zwei Bier getrunken werden. Aber alle wissen, dass Alkohol nicht unbedingt der Agressionsdämpfer und Kontrollor der Persönlichkeit ist. Daher lassen eigentlich alle, die mit Brauchtum wirklich etwas am Hut haben, den Alkohol vor/während dem Lauf weg. Denn weder die Läufer/Läuferinnen wollen verletzen oder auch nur verletzt werden. Manchmal denke ich mir, die Alkoholkontrolle für das Publikum wäre auch nicht verkehrt.

Klassische Holzmaske
Klassische Holzmaske

Jetzt verteidigt der das Ganze nur!

Klar mir fällt es leicht, denn ich bin ja auf der Seite der Brauchtumsdeppen und habe daher nichts zu befürchten. Mich wird keiner aus der eigenen Gruppe verprügeln. Und verteidigen muss ich das ganze ja, wenn ich schon dort dabei bin. Nein, so einfach ist es auch wieder nicht.

So nebenbei, es wird eigentlich nie jemand verprügelt.

Aber es werden die Läufer und Läuferinnen angegriffen. Ich kenne jetzt schon beide Seiten, die als Läufer und auch die als Ordner (und die dritte als Zuseher so oder so). Zuerst dachte ich mir (wenn ich Ordner bin), ich muss darauf schauen, dass dem Publikum nichts passiert.
Weit gefehlt! Es geht eher darum die Krampusse und Perchten vor dem Publikum zu schützen. Ich lade jeden gerne mal ein, mich zu begleiten und sich ein eigenes Bild zu machen. Nämlich von den Vorfällen über die fast nicht gesprochen wird. Dann wenn ein Krampus von hinten getreten wird, oder an den Hörnern genommen und zu Boden gerissen wird. Dann wenn er Faustschläge in den Magen und vor die Brust bekommt. Ja all diese Dinge passieren. Ich konnte das vorher auch nicht glauben, aber es ist so. Ich habe das Gefühl manche vergessen, dass unter der Holzmaske und dem Fell ein Mann, eine Frau steckt. Es wird nur mehr die Figur, die Bestie gesehen und auf die kann man ja losgehen.
Hat schon mal wer gesehen, dass ich die Krampusse/Perchten beim Umziehen eine Halskrause oder einen Stif-Neck umlegen? Warum schützen die ihren Hals so? Wahrscheinlich weil doch eine ziemliche Verletzungsgefahr besteht, wenn an der Maske gerissen wird und das dürfte dann ja öfters vorkommen.

Man darf heute noch Krampus oder Percht sein!

Man darf aber auch Rücksicht nehmen,
nicht seine Aggressionen ausleben und auf Alkohol verzichten!
Man darf das Brauchtum weiter ausüben und lebendig halten!

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