Warum WebDevelopper nicht umsonst arbeiten (können)
Gedanken

Warum WebDeveloper nicht umsonst arbeiten (können)

Und warum WebDeveloper oft so teuer sind…
Heute bin ich ein paar Mal auf ähnliche Texte von anderen Berufsgruppen gestoßen. Auch in verschiedenen Sozialen Netzwerken und Communities war heute wieder der Gratistag ausgerufen. Her mit deinem Wissen und sei dankbar, dass du helfen darfst. Darum ein offener Brief an alle die mit WebentwicklerInnen (oder neudeutsch einem WebDeveloper) zu tun haben. Vielleicht versteht ihr dann ein wenig besser…

Liebe/r baldige/r WebseitenbesitzerIn,

Liebe/r baldige/r WebseitenbesitzerIn,

es kann gut sein, dass dich (wir sind doch per Du?) der Brief interessiert und du von einer Suchmaschine hier her geschickt wurdest. Aber wahrscheinlicher ist, dass du auf die Seite geschickt wurdest, weil Du um eine kostengünstige oder auch kostenlose Serviceleistung bei einem WebDeveloper gebeten hast.

Wir professionellen WebDeveloper (manche nennen uns auch liebevoll Nerds) bekommen oft solche Anfragen. Und falls das Leben anders wäre, würde wir auch immer und sehr zeitnah positiv darauf reagieren. Wir würden deinem Freund der gerade eine Band gegründet hat und einfach kein Budget hat schnell mal einen Newsletter programmieren. Auch deiner Freundin, welche ihre Freundschaftsbänder online verkaufen will, bekommt eine vollständige eCommerce-Lösung von uns. Und wenn es um die Bildung unserer Kleinen, soziale Hilfsprojekte und den Umweltschutz, geht müsst ihr gar nicht erst fragen, da wären wir sofort dabei. Meistens wären wir einfach nur froh, wenn wir die Zeit und auch die freien Ressourcen hätten um eine helfende Hand zu leihen.

Leider ist es im täglichen Leben so, dass wir gar keine Zeit zum Reagieren haben, sondern so eingespannt sind, dass wir es übersehen. Und wenn wir es doch schaffen, dann ist die Antwort meistens sehr kurz (und fast immer negativ) und wir können dir unsere Gründe oft nicht vermitteln. (Denkt daran manchmal sind wir einfach Nerds.)

Unsere Zeit ist... knapp

Die Umstände warum WebDeveloper helfen sollen, sind jedes Mal anders, aber für den Fragenden (natürlich auch die Fragende) immer schwerwiegend. Doch ich und auch meine KollegInnen haben festgestellt, dass manche Themen immer wieder kommen. Die werde ich jetzt ein wenig näher beleuchten. Vielleicht kannst du uns dann ein wenig besser verstehen, es entstehen keine Missverständnisse und auch dein Ärger versteckt sich hinter dem nächsten Eck.

Das was ich jetzt schreibe, meine ich absolut positiv und hoffe es kommt bei dir auch so an. Ich hoffe (und auch alle meine KollegInnen hoffen), dass wir wieder mal ins Gespräche kommen und das wir dann eine für beide Seiten erfolgreiche Geschäftsbeziehung aufbauen können.

Wir WebDeveloper leben von unseren Klicks
Wir leben davon beeindruckende Nutzererlebnisse (auch neudeutsch User-Experience) zu erstellen. Eine perfekt funktionierende Webseite zu machen braucht Zeit, manchmal sogar sehr viel Zeit. Wenn wir jetzt zu viel Zeit in das langwierige Erklären unserer Ablehnung investieren oder auch vieles gratis machen, dann können wir einfach unseren Lebensunterhalt nicht mehr bestreiten.

Wir WebDeveloper leben von unseren Klicks

Wir unterstützen die gute Sache gerne mit unserer Arbeit
Die meisten WebDeveloper unterstützen bestimmte Projekte immer wieder (manche mehr und manche auch weniger) mit unserem Wissen. Meistens haben wir eine persönliche Bindung zu dem Projekt oder kennen Beteiligte an dem Projekt persönlich sehr gut. Damit meine ich, dass sich jede (und auch jeder) bereits an solchen Projekten beteiligt oder immer wieder unterstützend eingreift. Leider können wir nicht jedes Projekt immer unterstützen. Auch wir müssen eine Auswahl treffen, auch wenn das von dir vorgeschlagene Projekt noch so edel und wichtig für die Menschheit ist.

Unsere Zeit ist…
genauso knapp wie bei jedem (jeder) anderen auch: wir haben auch nur 24 Stunden pro Tag (auch wenn wir Nerds sind und uns oft was anderes vorstellen). Wir schaffen den Schritt von einer selektiven Unterstützung bis zu einer Zusage nicht bei jeder Anfrage. So einfach ist es. Es ist ja nicht einfach ein Klick, sondern es ist der Zeitaufwand der wechselseitigen Korrespondenz (klingt hochgestochen, aber auch das Schreiben in einem Chat ist aufwendig), das Suchen im Code oder der Benutzeroberfläche, dem Beheben des Problems und dem Versenden der Dateien.
Schlimmer wird es noch bei einer kompletten Unterstützung und wir beginnen bei Null für die Webseite. Da fangen wir an mit dem Registrieren der Domäne und des Speicherplatzes. Dem Installieren des CMS (meistens wird es WordPress sein), dem Einrichten des Themes (oft ist es nicht das erste, sondern erst das 27. Theme, welches passt und gefällt), dann installieren wir noch dies und jenes PlugIn und dann geht es erst ans Einpflegen der Inhalte und anpassen des Layouts. Da geht schon einige Zeit drauf.

"Wir haben kein Geld" können wir fast nicht nachvollziehen

„Wir haben kein Geld“ können wir fast nicht nachvollziehen
Der Hauptgrund für eine Anfrage nach einer kostenlosen Webseite ist oft ein knappes Budget, das heißt du berufst dich darauf, dass einfach kein Geld vorhanden ist.

Oft kommen die Anfragen von Menschen, welche für eine namhafte Organisation arbeiten. Wenn wir recherchieren (manchmal machen wir das, einfach aus Interesse), sehen wir dass da oft NGOs, (halb)staatliche oder Wirtschaftsunternehmen hinter dem/der Anfragenden stehen. Eigentlich ist schon das Budget da, um uns Developer angemessen (ich sage nicht überteuert, sondern fair) zu entlohnen. Wenn nur auch der Wille dazu vorhanden wäre.
Aber meistens sind es nur die Developer, welche in den sauren Apfel beißen sollen, um die gute Sache zu unterstützen. Für alle anderen ist Geld da (manchmal erwischt es auch die FotografInnen und/oder DesignerInnen, ihre Arbeit kann man auch nicht angreifen und ist auch mit ein paar Klicks oder Strichen erledigt).

Du verstehst sicher, dass „Wir haben kein Budget.“ uns vor den Kopf stößt. Wir haben oft das Gefühl, dass es eine Masche ist mit der wir Developer geködert (dazu mehr weiter unten) werden sollen.

Wir haben einen echten finanziellen Zwang
Die Arbeit eines freien WebDeveloper ist meistens nicht sehr lukrativ. Klar es gibt Ausnahmen, aber wo gibt es die nicht? Der durchschnittliche Entwickler (und sicher auch die durchschnittliche Entwicklerin) kommt gerade so über die Runden. Wir jammern nicht, nein bewahre uns davor. Wir lieben unseren Beruf und haben ihn aus der Begeisterung zur IT, zum Web, zum Softwaredevelopment oder einem anderen Spezialgebiet ausgesucht.

Die im Internet frei verfügbare Software (WordPress ist das Windows der CMS), die freien Themen und PlugIns, gekoppelt mit den kleineren Budgets für Marketing hat unser bis jetzt normales Einkommen einer zusätzlichen Belastung ausgesetzt.

Zusätzlich erfordert der Beruf des WebDevelopers erhebliche Investitionen.

Zusätzlich erfordert der Beruf des WebDevelopers erhebliche Investitionen
Der Beruf von einem WebDeveloper war und ist schon immer ausstattungsintensiv. Wer professionell für das Web entwickelt, hat nicht nur ein Notebook auf dem Schreibtisch stehen. Wir brauchen einfach mehrere Geräte, Smartphones und Tablets, nur so können wir unsere Arbeit auf der Hardware testen. Klar alles schaffen wir nie, aber die Hauptprodukte (Systeme und Browser) sollten wir einfach ausprobieren. Und das geht mal nicht mit irgendeinem Emulator, denn Hardware ist durch nichts zu ersetzen, bei einem professionellen Test. Klar investieren wir immer in neue Geräte nur so haben wir ein ungefähres Abbild von unseren BenutzerInnen da draußen.
Das wir regelmäßig Speichermedien kaufen und BackUps der Daten machen ist der Schutz für dich. Denn nur so gehen wir sicher, dass deine Daten nicht vernichtet werden. Und auch der Speicherplatz im Web und die Datenleitung kostet einiges. Das geht einfach nicht mit dem Super-Tarif mit 300 Freiminuten um € 4,90.
Gut wir sind nicht so viel unterwegs wie andere Berufsgruppen, aber wenn wir mal auf eine Konferenz fahren um mehr zu können und zu lernen sind gleich ein Mal vierstellige Beträge nur für den Eintritt fällig.
Aber wir brauchen viel, sehr viel, Zeit um zu lernen und wieder was neues auf die Beine zu stellen. Wir versuchen oft neue Techniken zu lernen und für dich zu beherrschen. Und das braucht Zeit! Da rennen die Stunden nur so vorbei. Aber das ist unser Fachwissen, unser Talent, unsere Erfahrung, die wir für dich einsetzen.
Wir WebDeveloper haben sicher Verständnis für schmale Budgets, aber aus rein praktischer Sicht können wir uns es aber nicht leisten jede/n der uns fragt zu unterstützen.

Eine lobende Erwähnung bringt nicht viel

Eine lobende Erwähnung bringt nicht viel
Oft wird uns eine Erwähnung im Impressum oder auch sogar eine besondere Erwähnung des WebDevelopers angeboten. Da gibt es nur ein paar Punkte…
Erstens wenn wir eine komplette Webseite erstellen, haben wir das gemacht und das dürfen wir auch sagen. Das ist nichts besonderes, dass unser Name dabei steht, sondern eine Selbstverständlichkeit.
Das ist gar nicht so schlimm. Aber mit einer Namensnennung können wir unsere Miete nicht bezahlen. Daher haben wir nicht viel davon.
Natürlich die Namensnennung ist ja zusätzliche Werbung für uns. Wir verstehen es schon, aber vielleicht schließt unser Marketingplan keine Namensnennung ein? Und wie sieht es aus, welche neuen Kunden bekommen wir? Auch wieder Organisationen mit einem knappen Budget? Daher ist diese Art der Werbung nicht unbedingt zielführend für uns.

Kurz gesagt, wir machen so wie jeder andere Handwerker auch keine Arbeit für Werbung. Denn wir nutzen auch dafür die entsprechenden Profis, deren Rechnungen wir bezahlen müssen. Oder kennst du einen Automechaniker, der dein Auto repariert und als Zahlung einen Sticker auf dein Auto kleben darf. Auch deinem Friseur reicht es nicht, dass du auf jeder Party sagst: „Die Friseur ist von Hairtastic!“, sondern er will einfach Geld.

Du bist der einzige der es nicht kostenlos macht!
Dieser aufgebrachte Vorwurf geht ins Leere. Sei nicht böse, aber wir wissen, dass es nicht stimmt. Denn sonst hätte vor uns schon einer auf die Webseite geschaut und geholfen, oder gleich die Seite neu erstellt und nichts verrechnet. So einfach ist das. Wir wissen, keiner arbeitet für lau.

Du bist der einzige der es nicht kostenlos macht!

Du bist zu teuer!
Ja kann sein, aber das hatten wir schon weiter oben. Denn wir können halt nicht jede Sekunde verrechnen, viel Zeit geht für die Fortbildung und die Verwaltung auf. Auch da jammern wir nicht. Wir verrechnen ja keine 300,– die Stunde. Wir WebDeveloper bieten unsere Leistung meistens zum normalen Handwerks-/Dienstleistungspreis an. Schau doch ruhig mal nach, was eine KFZ-MechanikerIn die Stunde kostet, oder ein Friseur, oder ein Schneider oder auch nur der Techniker für die Waschmaschine. Wir liegen etwa alle gleich plus/minus ein paar Euro pro Stunde.

Klar, es gibt immer den Nachbarsburschen oder die Studentin welche billiger sind. Aber kannst du sie auch noch in einem Jahr oder drei Jahren fragen? Und wie lange brauchen sie für die Arbeit? Doppelt oder dreimal so lange? Und wenn sie es als Hobby machen, dann ist es super. Frag sie und lade sie zum Essen ein. Wir sind froh, wenn du kostengünstig eine passende Leistung bekommst.

Aber erwarte nicht dasselbe von uns Professionisten. Wir geben zu, dass es Menschen gibt, die einen Computer haben und ein wenig im Web unterwegs sind, tatsächlich umsonst arbeiten, doch der Spruch „Qualität hat ihren Preis!“ gilt auch hier.

Bitte sag Danke und hilf mit!
Ein häufige Erfahrung die wir gemachten haben, ist diese Selbstverständlichkeit. WebDeveloper sind oft Mitglied in der einen oder anderen Community und sie helfen sich dort gegenseitig und natürlich oft auch Laien, welche irgendwo hängenbleiben.

Wir wissen aus eigener Erfahrung was da alles abläuft. Wir hätten nur gerne ein wenig Aktivität. Wenn man auf den Standpunkt steht: Ich frage – du machst, wird es schwierig. Wir mögen das nicht so, sondern wir hätten gerne ein wenig Aktivität, besonders wenn Du selber eine Lösung finden willst und nur Unterstützung brauchst. Oft hilft schon ein Blick in die Anleitung.

Und ganz am Ende, wenn die Hilfe erfolgreich war, dann schreib doch noch einen Kommentar: Danke liebe/r Entwickler/in! Du hast mir super geholfen. Mit einem Klick auf …. war alles wieder gut und so wie ich es mir vorstelle. Das freut uns und hilft dem nächsten der ein ähnliches Problem hat, da er/sie vielleicht schon die passende Antwort findet.

Wir freuen uns auf eine gegenseitige und nutzbringende Geschäftsbeziehung

Und zum Schluss
Wir hoffen du verstehst uns jetzt besser? Wenn du hier her geschickt wurdest oder falls du den Link von einem/einer Entwickler/in bekommen hast, solltest du jetzt seine/ihre Argumente besser verstehen. Wir sind schließlich alle Vollprofis und freuen uns auf eine gegenseitige und nutzbringende Geschäftsbeziehung.

4 comments
  1. angelique
    angelique
    8. März 2019 um 10:08

    Hallo,
    sehr guter Beitrag und es scheint, dieses Thema zieht sich durch fast alle Berufe. Und ich bin auf der Suche nach einem weisen Spruch in dem Sinne: Helfen kann nur der, dem es auch gut geht, also seine Rechnungen bezahlen kann und auf 2 gesunden Beinen im Leben steht.
    alles liebe angelique

    Antworten
  2. Christian
    Christian
    12. März 2019 um 9:07

    Toller Artikel Clemens, habe ich eben auf Twitter gefunden.
    Ich .interessiere mich für eine Tätigkeit als web developer. Man hört ja, dass man heute als Programmierer sehr gutes Geld verdienen kann. Dein Artikel hört sich in der Richtung allerdings nicht sehr motivierend an.
    Hast du konkrete Zahlen was ein web developer in Deutschland derzeit verdient ?

    LG Christian

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